März 2015

BGH zur Haftung eines Hotelbewertungsportals für unwahre Tatsachenbehauptungen eines Nutzers

Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels. Sie verlangt von der Beklagten, die im Internet ein Online-Reisebüro sowie ein damit verknüpftes Hotelbewertungsportal betreibt, Unterlassung einer unwahren, von der Klägerin als geschäftsschädigend eingestuften Tatsachenbehauptung. Unter der Überschrift “Für 37,50 € pro Nacht und Kopf im DZ gabs Bettwanzen” erschien im Hotelbewertungsportal der Beklagten eine Bewertung des Hotels der Klägerin.

Nutzer können im Portal der Beklagten Hotels auf einer Skala zwischen eins (sehr schlecht) und sechs (sehr gut) bewerten. Hieraus berechnet die Beklagte bestimmte Durchschnittswerte und eine Weiterempfehlungsrate. Bevor die Beklagte Nutzerbewertungen in ihr Portal aufnimmt, durchlaufen diese eine Wortfiltersoftware, die u.a. Beleidigungen, Schmähkritik und Eigenbewertungen von Hotelinhabern auffinden soll. Unauffällige Bewertungen werden automatisch veröffentlicht. Ausgefilterte Bewertungen werden von Mitarbeitern der Beklagten geprüft und dann ggf. manuell freigegeben.

Die Klägerin mahnte die Beklagte ab, die daraufhin die beanstandete Bewertung von ihrem Portal entfernte, jedoch die von der Klägerin verlangte strafbewehrte Unterwerfungserklärung nicht abgab.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der BGH hat die Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.

Der BGH urteilte diesbezüglich, die beanstandete Nutzerbewertung sei keine eigene “Behauptung” der Beklagten, weil sie sich diese weder durch die Prüfung der Bewertungen noch durch deren statistische Auswertung inhaltlich zu Eigen gemacht habe. Die Beklagte habe die Behauptung auch nicht “verbreitet”. Die Haftung eines Diensteanbieters i. S. d. § 2 Nr. 1 TMG, der – wie die Beklagte – eine neutrale Rolle einnehme, sei nach § 7 Abs. 2, § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG eingeschränkt. Er hafte nur dann für die unwahren Tatsachenbehauptungen des Dritten, wenn er spezifische Prüfungspflichten verletzt habe, deren Intensität sich nach den Umständen des Einzelfalls richten. Dazu zählen die Zumutbarkeit der Prüfungspflichten und die Erkennbarkeit der Rechtsverletzung. Hierbei dürfe einem Diensteanbieter keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwere. Die Beklagte habe danach keine spezifische Prüfungspflicht verletzt. Eine inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen sei ihr nicht zumutbar. Eine Haftung auf Unterlassung bestehe in einem solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlange und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser Pflicht habe die Beklagte genügt und deshalb auch keine wettbewerblichen Verkehrspflichten i. S. d. § 3 Abs. 1 UWG verletzt. Im Streitfall bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ein hochgradig gefährliches Geschäftsmodell betreibe, das besondere Prüfungspflichten auslöst.

Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 41/15 vom 19.03.2015